Letz­tes Mal berich­te­ten wir über eine Hausse (Phase nach­hal­ti­ger Kurs­stei­ge­run­gen über einen mit­tel- bis lang­fris­ti­gen Zeit­raum), bei der viele von Ihnen nicht dabei waren, weil Sie sich irgend­wann mal die Fin­ger ver­brannt haben. Und mit Fin­ger ver­bren­nen mei­nen wir, Wert­pa­piere teuer ein­kau­fen und dann bil­li­ger ver­kau­fen. Die Frage ist jetzt, wie weiß ich denn, wann ein Wert­pa­pier oder ein Index (z. B. der DAX) teuer oder güns­tig ist?

Um das bes­ser zu ver­ste­hen, wech­seln wir mal in einen Anla­ge­be­reich, in dem sich die Schwa­ben ver­meint­lich gut aus­ken­nen – zur Immo­bi­lie. Ist eine Immo­bi­lie für 1 Mio. Euro teuer oder güns­tig? Für gewöhn­lich erhal­ten wir nun Ant­wor­ten wie: kommt dar­auf an, wo die steht oder wie groß sie ist etc. Das ist gut, reicht aber noch nicht. Die Miete ist der wesent­li­che Fak­tor, der uns wei­ter­hilft: Bekom­men Sie 55.000 Euro Miete im Jahr, ist die Immo­bi­lie güns­ti­ger als wenn Sie nur 25.000 bekommen.

Oder anders aus­ge­drückt, im ers­ten Fall haben Sie 5,5 % Brut­to­miet­ren­dite, im zwei­ten nur 2,5 %. Ob die Immo­bi­lie teuer oder güns­tig ist, kön­nen Sie damit aber immer noch nicht rest­los beur­tei­len. Wenn z. B. eine (ver­meint­lich) sichere 10-jäh­rige Bun­des­an­leihe 6 % Zins­er­trag brin­gen würde, wäre sogar die güns­tige der bei­den Immo­bi­lien teuer. Wir hal­ten fest: Das Ver­hält­nis zwi­schen Preis und Ertrag ist ent­schei­dend. Und der Bezug zum all­ge­mei­nen Zinsniveau.

Zurück zur Aktie: Hier spricht man statt von Preis und Miete vom Kurs und Gewinn, oder als Kenn­zahl dem Kurs-Gewinn-Ver­hält­nis (KGV). Im Jahr 2000 war die Dot­com-Eupho­rie auch für den DAX so beflü­gelnd, dass er beim Stand von 8.200 ein KGV von 40 erreichte. D. h. Sie muss­ten, um sich an den im DAX gelis­te­ten Unter­neh­men zu betei­li­gen, das 40-fache deren Gewinns hin­blät­tern! Ihre Ren­dite: 2,5 %. In dem Zeit­raum brachte o. g. Bun­des­an­leihe ca. 5,5 %!!

Warum nur haben die Leute dann trotz­dem den DAX gekauft? Gier und die Hoff­nung, dass all die Dot­com-Unter­neh­men rich­tig Geld ver­die­nen. Hätte sich der Gewinn der Unter­neh­men ver­vier­facht, wäre ja alles wie­der im Lot gewe­sen. Lei­der kam es anders. Damit das KGV wie­der in »nor­male« Grö­ßen­ord­nun­gen zurück­kehrte, brach der DAX um ca. 72 % ein, damit schrumpfte das KGV auf 10 und die Unter­neh­mer­ren­dite stieg wie­der auf 10 % (ca. 5 % über der 10-jäh­ri­gen Bun­des­an­leihe). Lei­der kauf­ten hier fast nur pro­fes­sio­nelle Inves­to­ren ein!

Der­zeit (DAX 12.700) beträgt das KGV knapp 20, d. h. eine Unter­neh­mer­ren­dite von 5 % und unsere »sichere« Bun­des­an­leihe bringt mitt­ler­weile 0,3 %. Ist der DAX nun teuer? Im Ver­gleich zur Bun­des­an­leihe nicht. Kann der Index kurz­fris­tig fal­len? Immer mög­lich, z. B. wenn das Zins­ni­veau ansteigt oder wenn es irgendwo »brennt«. Schließ­lich schla­gen sich bei der Bewer­tung von Indi­zes oder Wert­pa­pie­ren nicht nur Fun­da­men­tal­da­ten wie Zins­ni­veau, KGV oder BIP-Wachs­tum nie­der, son­dern auch die Angst oder Eupho­rie der Anleger.

Ver­öf­fent­licht am 15. Juni 2017 von Dr. Franz Möl­ler und Hans-Joa­chim Barth

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Kategorien: Kapitalbildung